Landschaftsfotografie und die Vermarktung von Fotolocations

In den vergangenen Jahrzehnten ist die Weltbevölkerung rasant angestiegen. Je mehr Menschen die Erde bevölkern, je mehr leidet die Natur darunter und mit ihr die Herausforderung an die globale Gemeinschaft. Auch zieht es immer mehr Menschen in die Natur. Sie suchen den Ausgleich zum hektischen Alltag in der Natur. Doch das hat leider auch negative Folgen für die Natur.

Seit geraumer Zeit beobachte ich einen sehr traurigen Trend in der Landschaft-Fotografie Szene, welcher sich schleichend in den letzten 6-8 Jahren immer verschlimmert hat. Vielen Fotografen ist das Problem auch bewusst und man sah immer wieder Post in den Sozialen Medien von Fotografen, welche dieses Problem thematisierten und darauf aufmerksam machten.

Überall auf der Welt werden Ökosysteme durch rücksichtslose Touristen, ja darunter gehören auch wir Fotografen, einfach zerstört. Ein Problem davon ist, dass man irgendwo mal ein schönes und stimmungsvolles Foto im Internet oder in den Sozialen Medien entdeckt und man zu sich sagt, dass möchte ich auch fotografieren. Was nicht falsch ist.  Schöne Bilder wecken eben Begehrlichkeiten bei anderen Menschen und so möchten viele andere eben genau diese Orte auch besuchen und dieses eine Bild auch machen. Dabei sind die schon sehr bekannten Orten weniger das Problem, vielmehr sind die eher bis jetzt noch unbekannteren Orte das Problem. Diese Orte kennen die meisten noch nicht und sind noch auf keiner Landkarte markiert. Es gibt leider immer mehr Orte, die einst unbekannt waren, vielleicht höchstens ein Geheimtipp waren und nun durch den Insta Hype völlig überrannt werden.  Und nicht jeder der diese Orte auch besucht, trägt Sorge zur Natur und behandelt diese mit Respekt. Viele Fotografen, Influencer und möchte-gern Influencer fehlt der Bezug zur Natur und ihnen ist es völlig egal, was in einem oder zwei Jahren mit diesem Ort geschieht – Hauptsache sie haben ihr Bild. Die Gier nach dem perfekten Bild ist so groß, dass man rücksichtlos über Felder oder Blumenwiese oder andere heikle Ökosysteme stapfen. Man zertrampelt Blumen, legt sich mitten in eine Blumenwiese oder reißt sie noch aus, nur um ein schönes Bild zu machen. Ihnen ist es egal was der nächste Fotograf vorfindet, noch ob sich die Natur von ihrem rücksichtlosen benehmen erholen kann.

Nun, jeder einzelne Fotograf ist Teil dieses Problems. Das lässt sich nicht leugnen und auch nicht abstreiten. Doch ich glaube auch, dass das Problem falsch angegangen wird und viele Fotografen auch heuchlerisch sind. Viele predigen was anderes als sie dann schlussendlich selbst leben. Ja, man will sich doch als guten und naturliebenden Fotografen darstellen, aber auf der anderen Seite das größtmögliche Stück des Kuchens für sich noch ergattern können. Denn man will und muss schlussendlich damit Geld verdienen, oft mit dem Argument, „wenn ich es nicht mache, macht es jemand anderes“. Da hat die Natur bis plötzlich keinen Platz mehr. Da zählt dann nur noch Ruhm, Erfolg und Geld. Naturschutz scheint zum Werbewort verkommen zu sein, anstatt aktiv als Fotograf danach zu leben.

Leider gibt es auch immer eine grösser werdende Gruppe von Fotografen, die nicht unbedingt wegen des Naturerlebnisses diese Orte besuchen, sondern deren hauptsächliches Ziel ist, sich selbst zu inszenieren und die Natur nur als Kulisse verwenden. Das Bild steht leider oft vor dem Naturschutz, so wie die eigene Vermarktung einiger Fotografen vor dem Naturschutz steht.
Man könnte annehmen, dass heute mit dem wachsenden Umweltbewusstsein es eigentlich eine Selbstverständlichkeit wäre, sich entsprechend zum Schutz und Erhalt der Natur zu verhalten.
Doch leider findet man überall immer wieder Fotografen, für die Respekt gegenüber der Natur und Mitmenschen ein Fremdwort ist. Leider habe ich das alles schon persönlich erlebt. Man lässt Müll liegen, schmeißt diesen, wenn möglich noch eine Felswand runter, Zigarettenstummel liegen in der Wiese, man ignoriert Absperrungen und begibt sich selbst in Gefahr, ohne dabei daran zu denken, dass man mit seinem Verhalten ebenfalls andere Menschen oder Lebewesen gefährdet.

Die Landschaftsfotografie ist populärer denn je. Seit dem Aufkommen der Digitalfotografie fotografieren immer mehr Menschen. Erst recht mit dem Instagram-Hype, Influencern und den unzähligen die einfach mit dem Handy nebenbei noch ein Selfiebild machen müssen, hat das ganze nochmals zugenommen. Wo früher vielleicht mal grad eine Handvoll Fotografen in einer Woche fotografierten, fotografieren heute zum Teil an einem einzigen Morgen oder Abend schon das Vielfache davon. Zum einen ja schön, gehen die Menschen wieder vermehrt in die Natur, zum anderen habe ich das Gefühl die Natur wird heute nur noch benutzt, um sein eigenes Ego zu stillen und um ein paar Minuten Ruhm auf Instagram und Co zu erhalten. Es geht nicht um die Natur und um das Fotografieren, sondern um einfach schnell dieses eine Bild zu knipsen.

Je mehr Fotografen es gibt, je mehr fotografieren, je mehr Menschen sind dann auch unterwegs die vielleicht nicht den gleichen Respekt zur Natur und den gleichen Respekt zu Grundeigentum und anderen Fotografen haben wie wir. Deswegen liegt es doch auch grad an uns bekannten Fotografen und Profifotografen andere Fotografen auf das Problem aufmerksam zu machen und diese zu sensibilisieren. Den Anfänger und jungen aufzuzeigen, wie man eigene Spots sucht und wie man mit der Natur umgehen sollte. Man sollte sie nicht noch ermutigen, Spots zu kaufen.

Es ist doch gerade die Aufgabe von uns sogenannten Profis, Fotografen oder Influencern mit großer Reichweite und großem Bekanntheitsgrad, auf den Naturschutz aufmerksam zu machen und diese Orte zu schützen. Sei es, indem man die Orte nicht bekannt gibt, sich an die Regeln hält, keinen Müll hinterlässt und Vorbild ist. Gerade uns Fotografen sollte es wohl bewusst sein, welches Privileg wir haben, zu Reisen und solche Orte zu besuchen und fotografieren zu dürfen – vor allem wenn wir das in Zukunft noch machen möchten und diese schöne Orte in ihrer vollen Pracht noch erleben möchten.

In den letzten Tagen häuften sich Posts und Stories von Fotografen auf Instagram mit dem Hinweis, dass sich Hobby-Fotografen ihre Spots selbst suchen sollen, anstatt diese sich einfach Online zu erwerben von Fotografen welche Spots verkaufen. Diese Posts sind alle gut gemeint und ich bin absolut auch dieser Meinung. Doch dazu gehört auch ein großes „Aber“. Aber nur die Hobby-Fotografen oder Anfänger zu verurteilen, dass sie sich von Profis Spot kaufen, finde ich nicht korrekt. Man sollte die sogenannten Profis verurteilen, die solche Spots zum Verkauf anbieten, sei es online oder diese in einem Buch publizieren. Dies ist doch gerade aus den oben aufgezählten Gründen sehr verwerflich. Es ist doch gerade für Hobby-Fotografen oder besonders grad für Anfänger sehr verführerisch, einfach und ohne großen Aufwand an Spots zu gelangen. Wir können noch lange sagen, sucht „euren eigene Spots“. Gerade Anfänger kopieren am Anfang sehr oft und das gehört auch zum Entwicklungsprozess dazu. Viele Hobby-Fotografen haben auch keine Zeit sich lange damit zu beschäftigen einen Spot zu finden und so kommen solche Angebote für diese gerade perfekt. Das soll keine Entschuldigung sein, dass man solche Spots in Büchern oder Online kaufen darf und soll, doch das Problem verursachen wir Profis. Wir wollen einfach das schnelle Geld. Einfach verdientes Geld.

Wie sollen sich Hobby-Fotografen oder zukünftige Fotografen, welche das Handwerk gerade lernen, mitbekommen sich entsprechend in der Natur zu benehmen, wenn ihre Vorbilder sich ebenfalls an keine Regeln halten und keine Vorbildfunktion übernehmen. Erst neulich erzählte mir ein Hobby-Fotograf, dass ihm ein bekannter Fotograf mit ziemlich harschem Ton gesagt hat, dass er keine Spots bekannt geben solle, nur damit er dann etwas später erfahren musste, dass derselbe Fotograf dann selbst Spots verkauft. Oder es gibt Profifotografen, die halten sich an keine Regeln und an keine Verbote, prahlen dann in den sozialen Medien davon und beschweren sich dann, dass bis plötzlich tausende von anderen Fotografen das gleiche tun. Uns sollte bewusst sein, dass unser eigenes Verhalten auf die Natur Auswirkungen hat – positiv wie negativ.

Deshalb finde ich es sehr wichtig, dass wir eine Vorbildfunktion übernehmen,
Gerade solche Vorbildfunktionen kann man zum Beispiel sehr gut in Workshops einbauen.
Jetzt gibt es natürlich auch Fotografen die uns Workshopanbieter in den gleichen Topf werfen wie die Fotografen die Spots verkaufen. Oder diejenigen welche Spots verkaufen, argumentieren damit, dass Workshopanbieter auch nichts anderes machen, als Spots verkaufen. Doch eigentlich ist da ein Riesenunterschied. Erstens ist der Multiplikator ein ganz anderer. Ist es doch ein Unterschied, ob ich tausende von Nutzer im Internet oder mit einem Buch erreiche, oder ich pro Jahr max. 8 Teilnehmer an einem von mir auserwählten Ort mitnehme. Zweitens habe ich an einem Workshop die Möglichkeit, die Teilnehmer zu sensibilisieren und ihnen Hintergrundwissen über den Ort und Verhaltensregeln in der Natur mitzuteilen. An einem Workshop kann ich direkt auf die Teilnehmer Einfluss nehmen, was ich mit einem Online Verkauf nicht kann. Ein Workshop hat einen gewissen Lerneffekt, man kann etwas lernen – Spots verkaufen ist bloße Konsumation.

Was können wir machen, damit wir in Zukunft die Natur nicht noch mehr belasten und unseren Fußabdruck so gering wie möglich halten?
Ehrlich gesagt, eine einfache Lösung habe ich auch nicht. Aber wegzuschauen und zu denken, dass ist nicht mein Problem ist auch keine Lösung. Es ist auch keine Option zu denken, dass wird kommen, ob wir wollen oder nicht. Einer fängt damit an und andere werden folgen. Ja das mag sein. Aber so viel man kann, sollte man auch was dafür tun und sich einsetzen an das was man glaubt.
Wir können auch die Massen von Fotografen, die die schönen Orte aufsuchen wollen, nicht unbedingt aufhalten – aber wir können dafür sorgen, dass man ihnen diese nicht auf dem silbernen Tablett präsentiert, sie dafür selbst was tun müssen, um diese Orte zu finden und sie darauf sensibilisiert.

Vielleicht sollten Fotografen auch mal zusammenhalten und sich gemeinsam für den Schutz und Erhalt der Natur einsetzen. Jeder kocht sein eigenes Süppchen und will sich selbst profilieren. Dabei vergessen wir, dass die Landschaftsfotografie auch eine Kunstform ist. Kunst ist kein Wettkampf, womit man sich messen sollte.
Zum Schluss noch eines: Die Fotografie soll, ob für Profis oder für Hobbyfotografen auch Spaß machen und soll eine Bereicherung für sich persönlich sein. Genießt die Zeit Draußen in der Natur, schaut euch um, nehmt euch die Zeit und setzt euch mit eurem Motiv auseinander. Überlegt euch was ihr fotografieren und was ihr dem Betrachter zeigen möchtet.