Im Auge des Fotografen
Wer kennt
das nicht! Man hat soeben sein Bild fertig „entwickelt“ und zeigt es einem
Fotografen-Kollegen oder lädt es auf seien bevorzugten Social Media-Kanal hoch und
das Bild wird „negativ“ kritisiert. Man zeigt es ja auch anderen um hoffentlich
ein ehrliches Feedback zu kriegen und andere Meinungen zu dem betreffenden Bild
zu hören. Wenn möglich mit Begründung und Anregung was der oder die andere
anders gemacht hätte.
Doch oft genug bekommt man nur zu hören, dass die Farben nicht stimmen, das
Bild nicht der Realität entspreche und es in „Natura“ nicht so aussehen würde.
Jeder ist nur von seiner Ansicht der Realität überzeugt und versucht die
anderen zu belehren wie es auszusehen hat. Wer darf den von sich aus Behaupten,
dass nur seine Ansicht der Wirklichkeit entspricht!
In Wahrheit können auch beide Ansichten, die des Fotografen sowie die des
Betrachters der Realität entsprechen. Die Realität, dass heisst die Wahrnehmung
einer Stimmung ist bei jedem einzelnen anders. Sie liegt auch im Auge des
Betrachters.
Um eine Szene so realistisch wie möglich und vorallem so wie ich sie erlebt
habe, wiederzugeben, fotografiere ich seit Jahren nur noch im RAW-Format. Das
bedeutet, ich übernehme die volle Kontrolle über jeden einzelnen Parameter der Aufnahme. Dies erlaubt mir die Stimmung
so zu zeigen wie ICH sie gesehen habe und überlasse die Kontrolle über
Farbgebung, Sättigung, Weissabgleich und Tonwerte nicht einer „kopflosen“
Kamera oder Software. In Wahrheit geben Jpeg’s nie einen einzigen Parameter korrekt
wieder.
Da aber jetzt jeder Mensch eine andere Wahrnehmung einer Szene hat, anders
fühlt und jeder Parameter selber einstellt, würde jetzt auch ein Bild welches
mit der gleichen Kamera, gleiches Objektiv zur gleichen Zeit, bei gleichem
Licht sowie dieselbe Hardware und Software beim „postprocessing“ verschieden
aussehen. Doch beide Bilder würden oder können sicher der Wirklichkeit
entsprechen.
Vielleicht sollten wir darüber Nachdenken wenn wir das nächste Mal ein Bild von
einem Kollegen kommentieren und kritisieren. Das einzige was doch wirklich
wichtig ist, ist dass der Fotograf mit seiner Interpretation der Szene
zufrieden ist und er die Stimmung so wiedergibt so wie er sie erlebt und
gefühlt hat. Jeder Fotograf interpretiert eine Landschaft mit der gleichen
Stimmung anders als der andere.
Abendstimmung in der Bretagne