Holzbrücken im Emmental

Seit einigen Jahren schon faszinieren mich diese alten Holzbrücken. Das war nicht immer so. Ich mag mich erinnern an meine Kindheit als wir praktisch jedes Wochenende zu meinen Grosseltern oder Verwandten ins Emmental fuhren. Meine Grosseltern hatten einen kleinen Bauernhof in einem der kleinen Seitentäler wo damals nur über einen schmalen Kiesweg durch den Wald einem Bach entlang zu erreichen war. Ja, eigentlich spielte ich damals in der Gegend wo ich heute schon oft fotografieren war wie die inzwischen berühmte Krokuswiese im Emmental. Etwas unterhalb dieser Wiese war eben dieser kleine Bauernhof. Obwohl ich immer draussen spielte, in den Wäldern und in den Bächen unterwegs war und zum Ärger meiner Mutter immer mit schmutzigen Kleidern und immer wieder mit Schrammen nach Hause kam, kann ich jetzt nicht behaupten, dass ich immer mit der Natur verbunden war. Doch ich liebte es draussen zu sein. War nie gerne drinnen. Doch damals hatte ich wirklich nur ein Interesse: Eishockey. Das da oben, wo ich als Kind immer herumtobte, eine fantastische Krokuswiese war, realisierte ich erst viele Jahre später. Auch diese wunderschönen Holzbrücken, über welche wir immer fuhren, um ins Dorf meiner Grosseltern zu gelangen, waren mir eher ein Dorn im Auge. Auf der Hinfahrt, da störten mich diese nicht gross, doch auf der Rückfahrt, zählte ich jede Holzbrücke und war froh, als wir die letzte überquert hatten und nach gut 30 Minuten Fahrt die Autobahn erreichten. Da wusste ich, es geht nicht mehr lange bis wir zu Hause sind. Immer so kurz gegen 10 Uhr abends fuhren wir dort los. Und ab Oktober bis Februar war damals Eishockey Zeit und die Meisterschaft am Laufen. Und um 10 Uhr abends kam dann im Schweizer Fernsehen immer die Zusammenfassung der Samstag-Spiele. Die Sportschau dauerte eine Stunde und wir mussten kurz vor 11 zu Hause sein, damit ich noch die Zusammenfassung der Resultate mitkriegte. Da konnte ich es nie erwarten, bis wir zu Hause waren und ich die Resultate schauen konnte. Wir hatten damals, Anfang der 80er Jahre noch kein Autoradio und die Resultate erfuhr man damals nur in den stündlichen Nachrichten, in der Sportschau am Samstagabend oder am Sonntagabend, oder in der Tageszeitung. Und diese Holzbrücken, so dachte ich damals, kosten nur unnötig Zeit auf der Fahrt nach Hause, da diese nur sehr schmal waren und man immer davor stoppen musste und den Gegenverkehr beachten musste. Ja, das Emmental war für mich damals eine Gegend, die für mich irgendwie zurückgeblieben war.

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Smartphonebild Holzbrücke Emmental    Making of "Holzbrücke im Emmental"

Irgendwie war mir damals nie bewusst, was dies eigentlich für eine wunderbare Gegend war. Wie auch, mein Interesse lag am Eishockey und der grossen weiten Welt. Erst Jahre später, als ich nach Jahren der Fotografie auf Reisen, mich endlich auch mal mit unserer Landschaft in der Schweiz näher befasste, wurde mir bewusst, wie faszinierend die Landschaft eigentlich ist. Das war auch die Zeit, in der ich begann, ernsthaft zu fotografieren. Damals steckte die Digitale Fotografie noch voll in der Anfangszeit. Die Fotografie hat mich ja auch erst richtig gepackt, als die digitale Fotografie aufkam. Was mich vor allem reizte war, dass ich endlich meine Bilder selber entwickeln konnte, ohne grösseren Aufwand und volle Kontrolle hatte über mein Bild. Das war immer das was ich wollte und suchte. Und diese Möglichkeit hatte ich jetzt, mit der Bildbearbeitung am PC. So suchte ich mir Motive und Spots in der näheren Umgebung. Und da war es natürlich für mich sehr naheliegend ins Emmental zu gehen. Obwohl mich das damals in meiner Kindheit nicht gross interessierte, kannte ich doch viele Orte und besuchte diese einfach wieder. So war eigentlich das Emmental, wie der Jura, welche mir die Motive lieferten, um mich fotografisch weiter zu entwickeln.

In meinen unzähligen Reisen durch die USA war ich fasziniert von den alten Scheunen und fotografierte solche – doch dann entdeckte ich per Zufall die «Covered Bridges of Madison County» Ich glaub, ich sah den gleichnamigen Film vorher bei uns im Kino, doch war es nicht meine Absicht auf der Reise durch den mittleren Westen der USA, diese Brücken aufzusuchen. Das war wirklich Zufall. Doch als ich dann wusste, dass es dort viele Holzbrücken gab, musste ich diese fotografieren. Damals fotografierte ich aber nur dokumentarisch. Ich hatte nicht den Anspruch, ein künstlerisches Bild zu machen, mit einem gut überlegten Bildaufbau, bestes Licht und was sonst noch dazu gehört. Ich dokumentierte vielmehr meine Reisen. Ich machte mir natürlich schon Gedanken über die Komposition, aber das war nicht wie heute, wo ich praktisch über jeden Grashalm Kontrolle haben will und kein unnötiges Kraut mir ins Bild gucken soll. Dazu fotografierte ich damals auch noch analog.

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Covered Bridge irgendwo in Ohio (Analog Fotografiert ca. 2000)

Dann als ich eben Anfing hier in der Schweiz zu fotografieren und mich mit dem Emmental befasste, kamen mir die unzähligen Holzbrücken aus meiner Kindheit wieder in den Sinn. So suchte ich diese auf. Doch enttäuscht musste ich feststellen, dass viele gar nicht mehr existierten und ersetzt wurden durch neue moderne Holzbrücken. Doch einige liess man stehen und werden heute noch als Fussgängerbrücke benutzt. Und einige wenige sind noch immer so, wie sie damals waren. Letztes Jahr, als ich unterwegs war, um den Emmental Workshop vorzubereiten, suchte ich wieder einige dieser alten Brücken auf und fand einige, die wie ich fand, sich gut eignen, um zu fotografieren. Viele dieser alten Holzbrücken liegen leider direkt neben den neuen modernen Brücken oder direkt neben einer Hauptstrasse, so sind diese sehr schwer interessant zu fotografieren. Doch einige wenige habe ich gefunden, welche wirklich auch heute noch schön eingebettet in der Landschaft liegen. Holzbruecke-Emmental-Eggiwil-Schweizjpg
Alte Holzbrücke im Emmental